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Künstler des zerstörten Greta-Thunberg-Bildes in Karlsruhe: „Ich bin sprachlos“
von Julia Weller | 20.08.2021
Unbekannte haben in Karlsruhe ein Porträt von Greta Thunberg beschmiert. Der Künstler ist fassungslos – dabei gehört das Risiko bei Werken im öffentlichen Raum dazu.
Heil Maske: Mit diesem Schriftzug haben Unbekannte ein Kunst-Plakat in der Karlsruher Nordstadt beschmiert. Foto: BNN
Die Zerstörungswut, die sein Kunstwerk in der Karlsruher Nordstadt getroffen hat, lässt Ali Zülfikar entsetzt zurück. „Ich bin sprachlos“, sagt der Künstler, der in der Türkei geboren wurde und in Köln lebt. Er ist bekannt für seine detaillierten, überlebensgroßen Porträts von Menschen und hatte für die Karlsruher Aktion „Kunst an der Plakatwand“ ein großformatiges Bild der Klimaaktivistin Greta Thunberg erschaffen.
Mitte August wurde es mutwillig beschädigt: Unbekannte schmierten Thunberg eine weiße Maske ins Gesicht und schrieben „Heil Maske“ quer über das Porträt. Der Künstler erstattete Anzeige, die Polizei spricht von 24.000 Euro Schaden und sucht nach Zeugen.
„Das ist eine sehr große Enttäuschung für mich“, sagt Zülfikar. Er fordert, dass Menschen sein Schaffen als Künstler akzeptieren – unabhängig von ihrer politischen Gesinnung. „Wenn jemand etwas anderes ausdrücken möchte, soll er eigene Plakate machen“, so Zülfikar.
Er bewertet die Tat als offensichtliche Botschaft rassistischer Gruppen. „Wenn sie von mir erwarten, dass ich gegenüber gesellschaftlichen Ereignissen gleichgültig bin, liegen sie falsch“, sagt Zülfikar. „Ich werde meine künstlerische Arbeit im Einklang mit meiner eigenen Lebensphilosophie fortsetzen.“
Initiatorin betont Risiko von Kunst im öffentlichen Raum
Kunst an der Plakatwand gibt es in Karlsruhe – und mittlerweile vielen anderen Städten – seit mehr als 30 Jahren. Angela Junk-Eichhorn hatte 1988 das erste künstlerische Plakat in Neureutaufgestellt. Es folgten viele Ausstellungen quer durch Europa, auf Wiesen, in Parks und auf öffentlichen Plätzen.
„Bisher ist sehr wenig passiert“, sagt Junk-Eichhorn. Während Hauswände und öffentliche Gebäude aus Protest gegen die Obrigkeit gerne mal mit Graffiti vollgesprüht werden, würden die Kunst-Plakate wenig Angriffsfläche bieten. „Es gibt keinen Grund, dagegen zu protestieren“, sagt die Initiatorin, „die Kunst reizt nicht.“
Wenn wir etwas aufstellen, sage ich immer, dass sie sich von ihren Werken verabschieden müssen.
Angela Junk-Eichhorn, Initiatorin von „Kunst an der Plakatwand“
eil Maske: Mit diesem Schriftzug haben Unbekannte ein Kunst-Plakat in der Karlsruher Nordstadt beschmiert. Foto: BNN
Trotzdem bereite sie Künstler immer darauf vor, dass theoretisch etwas passieren kann. „Wenn wir etwas aufstellen, sage ich immer, dass sie sich von ihren Werken verabschieden müssen.“ Das Risiko liege bei den Malern selbst. Viele würden es aber auch von vornherein mit einkalkulieren – und sollte ein Gemälde beschmiert werden, arbeiten sie damit und malen das Werk weiter.
Im Fall des beschmierten Greta-Thunberg-Porträts sei es wegen der politischen Bedeutung das Beste gewesen, das Bild so schnell wie möglich abzuhängen, obwohl es eigentlich bis 15. Oktober eingeplant war.
An der Ecke Flughafen-/Erzbergerstraße steht nun ein leerer Rahmen. Man habe diesen Ort nicht als riskant eingestuft, sagt Junk-Eichhorn. Sie verweist auf die erfolgreiche Ausstellung, die im vergangenen Jahr vor der Lukaskirche stattgefunden hatte – und will trotz des jüngsten Vorfalls weitermachen.
Momentan läuft ein großes Projekt in Köln, nächstes Jahr geht es nach Halle und Weißenfels. Und: „Wir wollen mindestens alle drei Jahre in Karlsruhe präsent sein.“
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