KÜHLUNGSBORNER MAGAZIN // Aktuelles & Regionales // Seite 22-23 // Ricky Laatz

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>>Wenn ich in den Gesichtern lese, stelle ich mir vor, was mir dieser Mensch von sich zeigt... und male dann die wahre "Landschaft" seines Lebens. <<

Im Gespräch mit dem Künstler Ali Zülfikar

Sie gelten als Meister der Porträtzeichnung. Sind bei tatsächlich jedem Menschen die Lebensspuren im Gesicht abzulesen?

Ich habe immer besonders markante Gesichter ausgewählt und diese äußerst detailgetreu dargestellt. Der wichtige Aspekt bei der Auswahl war und ist für mich der Ausdruck, der in diesen Gesichtern steckt und der tiefe emotionale Betroffenheit vermittelt. Ich zeige auch Menschen in einem Moment voller Entsetzen, Leid oder Trauer. Egal ob Frauen oder Männer, alle haben auch immer weniger Zeit undmüssen all das Erlebte in ihrem Kopf behalten. Das prägt ihre Gesichter wie eine „Landschaft“ oder auch Landkarte. Im Umgang mit den Menschen ist es sehr hilfreich in den Gesichter lesen zu können – es fördert auch das Verstehen und das Miteinander.

Wenn ich in den Gesichtern lese, stelle ich mir vor, was mir dieser Mensch von sich zeigt. Ich sehe und male dann die wahre „Landschaft“ seines Lebens.

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Wie reagieren die porträtierten Menschen, wenn Sie mit Ihrer Kunst deren „Seele sichtbar machen“?

Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich. Manchmal treffe ich auf Menschen, die im Inneren ihrer Seele mit sich selbst zufrieden sind und die sich gerade deswegen in der gezeigten Darstellung sehr real erkennen. Sie freuen sich über das Sichtbare ihrer Seele. Manchmal treffe ich aber auch auf Menschen, die weit entfernt von ihrer eigenen Realität leben. Sie schämen sich ihrer Schönheit und Privilegien und verwenden übermäßig „Make-up“, um ihre eigene „Lebenslandschaft“ zu verdecken. Für sie ist es schwer, ihre sichtbar gemachte Seele als Schönheit zu erkennen und zu akzeptieren.

Die meisten jedoch zeigen sich aber ermutigt und selbstsicher angesichts ihrer eigenen Realität und Identität. Ein Dialog über die Philosophie des Lebens, die in sich selbst ihre eigene Realität und den Frieden will.

Sie leben heute hauptsächlich in Köln, also in einer sehr urbanen Umgebung. Fehlt Ihnen manchmal ein Meer wie die Ostsee?

Mir fehlt der Duft eines Meeres, wie zum Beispiel der Ostsee. Manchmal möchte ich die Luft atmen, die kalt und schig riecht. Ich vermisse auch sehr den Sturm des Meeres, der den zerfetztem Tang und Muscheln anspült, die dann am Ufer verrotten. Ich will manchmal vom Chaos der Stadt Köln entiehen, aber mich halten die Gerüche der Erinnerung, um meine Seele zu füllen. Die Natur ist große Kunst, von der ich mich gerne inspirieren lasse.

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Leben wir in guten Zeiten, was Kunst betrifft?

Die Vorstellung der Kunst ist emotional und romantisch, aber die Realität und der Gedanke, ohne Sorgen davon zu leben, fordern vom Künstler eine überdurchschnittlich hohe Risikobereitschaft sowie ein glückliches Händchen für die Vermarktung. Kunst existiert in Freiräumen, und das Kapital spielt dabei leider eine ganz große Rolle. Eigentlich leben wir heute in guten Zeiten für die öffentliche Vermittlung und Vermarktung von Kunst. Aufgrund vieler Messen und der Biennale hat sich die gesellschaftliche Kommunikation in den Zeiten tiefgreifend gewandelt. Es bleibt zu hoffen, dass sich diese Ideen weiter positiv entwickeln - und zwar so, dass die Künstler stark davon profitieren!